Wie lässt sich Rekruting diskriminierungsfrei gestalten?

Die zunehmende Schwierigkeit von Unternehmen qualifizierte Fachkräfte und Auszubildende zu finden sowie der demografische Wandel sollte Grund genug sein, das Potenzial an qualifizierten Bewerbenden in Deutschland voll auszuschöpfen. Unabhängig davon, welchen Namen Menschen tragen, welches Geschlecht sie haben oder ob ihre Eltern einst aus einem anderen Land eingewandert sind, alle sollten eine faire Chance auf einen Arbeitsplatz haben.

Veröffentlicht von Selina

Die Realität auf dem Bewerbungsmarkt

Die Realität sieht leider häufig noch anders aus. Name oder Herkunftsland können einen großen Einfluss auf die Chancen am Arbeitsmarkt haben. Personen mit Migrationshintergrund, der sich häufig über den Namen herleiten lässt, haben trotz gleicher Qualifikation schlechtere Chancen bei der Jobsuche. Die stärkste Diskriminierung bei der Jobsuche erfahren Menschen mit muslimischen oder afrikanischen Wurzeln.

Kultur und Werte sind nur zwei Kriterien, worauf die Auswahl von Bewerberenden basiert. In Deutschland lässt sich beobachten, dass häufig Bewerbende aus Ländern, deren Wertesystem dem Deutschen ähnelt, bevorzugt werden. Das mag damit zusammenhängen, dass Länder mit einer großen Wertedistanz zu Deutschland in vielen Fällen ein allgemein geringeres Bildungsniveau aufweisen.

Soziale Kategorisierung, durch die man auf bestimmte Eigenschaften schließt, finden auch hinsichtlich anderer personenbezogener Merkmale statt.

Zu jung, zu alt  auch das Alter gilt als Diskriminierungsmerkmal. Oft wird anhand des Alters eines Bewerbenden angenommen, er oder sie besäße bestimmte Fähigkeiten noch nicht oder nicht mehr. Auch bestimmte Namen wie Kevin oder Chantal sind vorurteilsbehaftet und werden mit einem niedrigeren Bildungsstand assoziiert. Frauen oder Mädchen wird immer noch weniger zugetraut und Fähigkeiten in bestimmten Bereichen wie Mathematik abgesprochen. Ein weiteres bekanntes Beispiel: Eine 30-jährige Bewerberin wird nicht genommen, weil sie bereits verheiratet ist und antizipiert wird, dass sie sicherlich bald Kinder bekommen möchte und dann ausfällt. Geschlechterbezogene Diskriminierung kann aber auch subtiler erfolgen. Hier spricht man auch von dem sogenannten Gender Bias. Dieser Bias beeinflusst bspw. inwiefern wir einer Frau Führungsqualitäten im Vergleich zu einem Mann zutrauen.

Im Recruiting relevante Verzerrungen sind beispielsweise die Zuweisung von Eigenschaften und Kompetenzen zu Geschlechterstereotypen. Männer gelten hierbei oft als entscheidungsfreudig und willensstark, Frauen hingegen als kommunikativ und teamfähig. Dementsprechend wird damit die Eignung für bestimmte Tätigkeiten oder Berufsbilder verknüpft. Auswirkung haben diese Bias besonders bei großen Unternehmen und Konzernen.

Die Bewertung von Bewerbenden geschieht somit in noch zu vielen Fällen anhand von Vorurteilen und nicht tatsächlicher Eigenschaften und Fähigkeiten. Die Entscheidung, ob ein Lebenslauf genauer studiert wird oder ob eine Person zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird, erfolgt nicht selten instinktiv, indem auf frühere Erfahrungen zurückgegriffen wird. Diskriminierung im (Bewerbungs) -alltag ist oftmals also kein bewusster Prozess, sondern findet automatisch aufgrund von Sozialisierung statt. Entscheidungen sind auf verinnerlichte Stereotypen zurückzuführen, also kognitive Strukturen, welche unser Wissen, unsere Überzeugungen und Erwartungen über eine soziale Gruppe enthalten. Dieses Wissen muss allerdings nicht gleichbedeutend mit der Akzeptanz des Inhalts sein, sondern beruht häufig auf verinnerlichten, traditionellen Mustern oder kulturellen Prägungen. Nichtsdestotrotz führt es zu einer Ungleichbehandlung.

Auch wenn die oben genannten Formen der Diskriminierung im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) als Verbot festgeschrieben sind, werden diese im Bewerbungsalltag nicht ausreichend berücksichtigt.

Ausschreibungen müssen zwar diskriminierungsfrei sein, in der Auswahl der Bewerbenden passiert es dann doch, dass aufgrund von Vorurteilen aussortiert wird. Einen Nachweis dafür zu erbringen, ist allerdings oftmals nicht möglich.

 

Anonyme Bewerbungsverfahren für mehr Chancengleichheit

Eine Lösung für die beschriebene Problematik können anonymisierte Bewerbungsverfahren darstellen. Stereotype und Einstellungen sind änderbar und „verlernbar“. Werden in frühen Phasen des Bewerbungsprozesses hemmende Faktoren wie Geschlecht, Alter, Herkunft oder eben der Lebenslauf ausgeblendet, kann dies bei positiven Erfahrungen langfristig dazu führen, dass Automatismen beruhend auf Vorurteilen reduziert werden. Eine unbeabsichtigt unfaire Beurteilung von Bewerbenden kann so vermindert werden und das Handeln im Sinne der Chancengleichheit mehr Berücksichtigung finden.

Auch wenn eine faire Behandlung von Bewerbenden bereits selbstverständlich sein sollte und jeder die Chancen, die gelebte Vielfalt innerhalb Unternehmen bietet, wertschätzen sollte, existieren noch einige Herausforderungen im Bewerbungsalltag aufgrund starrer, teils veralteter Prozesse. Wenn nun also im Bewerbungsprozess der Fokus rein auf den Fähigkeiten und Qualifikationen des Bewerbenden liegt, können hemmende Faktoren hoffentlich bald im Bewerbungsprozess ganz ausgeblendet werden und jeder bekommt die Chance, die er verdient.

Stetiger Austausch mit Unternehmen und Bewerber*innen ist uns wichtig

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